MOMENTAUFNAHME
Aufopferung für eine Sache.

Hingabe bedeutet für mich Leidenschaft und Aufopferung für eine Sache. Sie ist Voraussetzung für eine sehr persönliche Arbeit, die man so gut machen möchte, wie man sie nur machen kann. Wenn ich mich in mein Atelier zurückziehe und male, verlieren Zeit und Umwelt vollkommen an Bedeutung. Ich bin frei. Kreativität wird zu Motorik, und ich fokussiere mich ganz auf eine Sache.

Aber auch das besonders intensive Aufnehmen der Umgebung kann ein Moment der Hingabe sein. Früher waren das die Fahrten mit meinem Bruder im Brezelkäfer über die Alpen. Wir sogen alle neuen Eindrücke auf: das erste Mal die Berge sehen, über die hohen Pässe fahren, dann Italien und das Meer.

Manchmal tauchen solche Bilder wieder auf, denn sie haben heimlich Spuren hinterlassen. So besuchte ich vor einiger Zeit die Kirche, in der mein Vater gegen Ende des Krieges starb. Als ich diese Kirche betrat, begann die Orgel zu spielen – ein Lied aus meiner Kindheit: „Der Mond ist aufgegangen“, das Lieblingslied meines Vaters. Ich habe das als einen sehr intensiven, persönlichen Moment erlebt.

Im vergangenen Jahr drehte ich dann in Amerika mit dem einzigartigen Regisseur Terrence Malick, der für seine Improvisationen bekannt ist. Meine Szene spielte in einer riesigen Kirche. Nur ich und die Hauptdarstellerin Natalie Portman. Zuvor hatte Terrence meine Geige in meinem Trailer gesehen. Gegen Ende der Szene ließ er die Geige holen und bat mich zu spielen. Ich stand in der Kirche und hatte meine Geige in der Hand. Auf einmal war da diese alte Melodie aus meiner Kindheit. Ich weiß nicht, wie lange ich spielte. Die Umgebung verschwand für mich. Ich kann nicht beschreiben, was ich in diesem Moment fühlte. Nach der Szene bedankte sich Natalie Portman mit einem Handkuss, und die Frau von Terrence Malick hatte Tränen in den Augen.

So ist es mit der Hingabe: Alte Bilder entfalten ihre innere Kraft.