Kultur-MANAGEMENT.

Lässt sich die Kultur eines Unternehmens messen? Spüren kann man sie in jedem Fall. So wie bei Scania im schwedischen Södertälje. Der Nutzfahrzeughersteller fördert dort ein offenes Miteinander, das auf die Motivation und den Ideenreichtum der Mitarbeiter baut. Einblicke in eine besondere Arbeitswelt.

Elin Engström zieht ihre dicke Jacke und die gefütterten Handschuhe an. Es ist kalt im schwedischen Södertälje, eine halbe Stunde Autofahrt von Stockholm entfernt. Die 22-Jährige arbeitet als Lkw-Fahrerin für das „Transport Laboratory“ in der Scania Zentrale. Im Team mit vier Kollegen bringt die junge Frau Güter zu den europäischen Werken des schwedischen Lkw- und Busherstellers. Auf diesen Fahrten testet sie aber auch neue Technologien im realen Einsatz auf der Straße. Engström: „Wir probieren hier vieles aus: Mal ein neues Fahrerassistenzsystem, mal eine neue Technologie zur Verbrauchsreduzierung. Oder Flottenmanagementsysteme, die unsere Kunden nutzen, um ihre Fahrzeuge optimal auszulasten.“

Vor ihrem Job bei Scania fuhr Elin Engström Gefahrgüter. „Als Frau ist es nicht einfach, in der Transportbranche ernst genommen zu werden. Bei Scania ist das kein Thema. Meine Kollegen haben mich von Anfang an gut aufgenommen und unterstützt.“

Regelmäßig analysiert das kleine Team gemeinsam mit der Entwicklungsabteilung die Ergebnisse der Fahrten. „Unsere Vorschläge sind willkommen – und werden bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge und Serviceleistungen berücksichtigt.“

Engström ist eine von weltweit 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Scania, die von einer besonderen Firmenkultur profitieren. „Respekt gegenüber dem Einzelnen“ lautet einer von drei Grundwerten des Unternehmens. Das ist nicht nur überall im Werk auf großen Tafeln zu lesen, das spürt man auch. „Unsere Mitarbeiter sind die Grundlage für den Unternehmenserfolg – und deswegen investieren wir in ihr Know-how und in ein positives Arbeitsumfeld“, sagt Personalvorstand Kent Conradson. „Scania steht für flache Hierarchien, viel Teamarbeit, eine lebendige, offene Gesprächskultur. Vielleicht ist das typisch schwedisch. Jedenfalls sorgt das für eine hohe Motivation in unserer Mannschaft.“

Personalvorstand Kent Conradson (2. v. l.) und sein Team. (Foto)

BESPRECHUNG AUF AUGENHÖHE –
Personalvorstand Kent Conradson
(2. v. l.) und sein Team.

„Unsere Mitarbeiter sind die Grundlage für unseren Unternehmenserfolg – und deswegen investieren wir in ihr Know-how und in ein positives Arbeitsumfeld.“

KENT CONRADSON, PERSONALVORSTAND BEI SCANIA

Daniel Dyrenius und sein Team bei Scania (Foto)

Schon ein kurzer Blick in Conradsons Büro genügt, um zu erkennen: Bei Scania ist manches anders. Der 54-Jährige sitzt gemeinsam mit seinen sieben Vorstandskollegen in einem offenen Großraumbüro mit Parkettboden und Ölgemälden an der Wand. Conradson, der vor 33 Jahren als junger Ingenieur bei Scania anfing, spricht viel über die „kooperative Mitarbeiterführung“ in seinem Unternehmen: „Wir wollen, dass jeder Mitarbeiter Verantwortung übernimmt, an den Details arbeitet und zugleich das große Ganze versteht. Alle sollen sich auf das Heute konzentrieren, aber auch die Zukunft des Unternehmens im Blick haben.“

Scania setzt auf die vermeintlich „weichen“ Faktoren. Das Unternehmen hat aber auch Werkzeuge zum Messen des „Wohlfühlfaktors“ entwickelt. Den SHE-Standard etwa – das steht für „Safety, Health and Environment“, Sicherheit, Gesundheit und Umwelt. Scania erhebt und analysiert Kennzahlen zu Krankheitstagen und zur Fluktuation bei den Beschäftigten. Die Daten werden genutzt, um die Ursachen für Fehlzeiten und für den Arbeitgeberwechsel zu ergründen und Verbesserungen abzuleiten. Conradson ist stolz auf das, was dadurch bislang erreicht wurde: „Wir haben zum Beispiel mit über 96 Prozent eine sehr hohe Arbeitsanwesenheitsquote und mit einer durchschnittlichen Beschäftigungsdauer von zwölf Jahren eine hohe Loyalität im Unternehmen.“

In der Produktion herrscht der Geist der schlanken Fertigung. Mit dem Scania Produktionssystem werden Produkte und Produktion kontinuierlich verbessert. „Wichtig ist“, so Conradson, „den Ursachen von Mängeln auf den Grund zu gehen. Nur so können wir es besser machen.“ Engagierte Mitarbeiter seien dafür Voraussetzung, erklärt der Personalvorstand.

Einer von ihnen ist Daniel Dyrenius. Der 22-Jährige leitet in der Montage ein vierköpfiges Team, das Halterungen für Anbauteile an die Lkw-Rahmen anbringt. „Abweichungen sollte nicht erst die Funktionskontrolle bemerken. Unser Ehrgeiz ist, sie selbst zu entdecken und so immer besser zu werden“, sagt der junge Mann in dem orangefarbenen Scania T-Shirt. Die Standards für Arbeitsabläufe geben nicht allein die Produktionsingenieure vor. „Wir diskutieren sie in unseren Team-Meetings und entwickeln sie selbst weiter. Man vertraut uns und traut uns gleichzeitig viel zu“, erklärt Dyrenius. Er holt aus einem Schrank eine Mappe, in der sämtliche Arbeitsschritte illustriert sind. „Hier steht, warum wir die Bauteile genau auf diese Art anbringen. So können wir uns als Team immer wieder klarmachen, was wir tun und warum.“

Anna Pernestål, Ingenieurin bei Scania und ihre Kollegen (Foto)

Dyrenius absolvierte sein technisches Abitur an der unternehmenseigenen Schule. Auch sein Bruder arbeitet im Werk in Södertälje. „Scania ist ein sicherer und guter Arbeitgeber“, begründet der junge Mann seine Wahl. Abends besucht er Weiterbildungskurse, die der Nutzfahrzeughersteller für besonders engagierte Mitarbeiter anbietet. Scania fördert seine Mitarbeiter, der Austausch zwischen allen Personalebenen wird groß geschrieben, die Karrierewege stehen weit offen.

Anna Pernestål ist ein gutes Beispiel dafür. Die 34-Jährige ist „Technical Woman of the Year 2011“ – eine renommierte Auszeichnung für schwedische Ingenieurinnen. Sie startete nach dem Studium als Trainee bei Scania, das Unternehmen unterstützte sie bei ihrer Diplomarbeit. Heute arbeitet die Ingenieurin für physikalische Technik im Kundenservice an Ideen, um die Werkstätten und ihre Diagnoseinstrumente und Reparaturwerkzeuge weiterzuentwickeln.

Pernestål ist für die „Vorbeugende Wartung“ zuständig: „Früher wurden Starterbatterien nur dann gewechselt, wenn sie ausgefallen waren. Das bedeutete oft längeren Stillstand. Mit gut angepassten Wartungsintervallen sorgen wir dafür, dass die Lkw störungsfrei unterwegs sind. Unsere Ideen helfen den Kunden, bares Geld zu sparen.“

Die junge Ingenieurin spricht über die immer komplexeren Aufgaben in der Transportbranche, den steigenden Kostendruck und immer größere Fahrzeugflotten. Sie finde die Branche aber nicht nur aus technischer Sicht spannend. „Umweltverträgliche Mobilität und Transport werden in einer globalen Welt immer wichtiger. Daran mit unseren Kunden zu arbeiten, das motiviert mich.“

Anna Pernestål, Elin Engström und Daniel Dyrenius arbeiten in verschiedenen Bereichen an ganz unterschiedlichen Aufgaben. Und dennoch sagen alle drei – unabhängig voneinander – den gleichen Satz: „Wir haben hier immer das Gefühl, dass jeder nach vorn kommen kann, wenn er es nur will.“ Typisch Scania.

AUTOR Marc-Stefan Andres

FOTOGRAF Andreas Mader

WEITERE INFORMATIONEN www.scania.com 

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